ADD-ON Fußball
15 Ausgeschieden! Peter Neururer und sein Co-Trainer Funny Heinemann können es einfach nicht fassen. Das wäre in den Siebzigern nie passiert! Als der VfL Bochum dramatisch im UEFA-Pokal scheitert. „Dann die 93. Minute. Gefühlt die 212. Leider werde ich nie ver- gessen, wie der Ball durch den Bochumer Strafraum - nun ja: kullert. Ein etwas zu hoher Halm hätte ihn aufhalten können. Ich selbst wäre in der Lage gewesen, ihn mit der schlappen Eichel zu stoppen! Und schon sehe ich einen Bochumer Spieler heran- eilen. Gut, denke ich, der knallt das Ding jetzt über die Südtribü- ne nach draußen, bis hinüber in die JVA Krümmede, und dann ist Schluss, und wir sind durch.“ Doch es sollte anders kommen. Dramatisch anders, wie Frank Goosen weiter schreibt: „Sekun- den später sehe ich den Fuß von Eduardo Gonzalves durch die Luft fliegen - aber an diesem Fuß ist kein Ball. Der Ball ist plötzlich Es ist eine Erinnerung, die VfL- Fans immer noch gerne in ihrem Gedächtnis mit Begriffen aus der Gossensprache umschiffen, um ja nicht den Gegner dieser unheil- vollen UEFA-Pokal-Begegnung des Jahres 2004 aussprechen zu müssen. Dabei hatte im Sommer zuvor alles so wunderschön ver- heißungsvoll begonnen. Unter ihrem Trainer Peter Neuru- rer hatte sich das gallische Dorf des Erstligafußballs, der VfL Bo- chum, nach der Bundesliga-Sai- son 2003/04 für den europäischen Wettbewerb qualifiziert. Und das hatte der Klub in der Tabelle auch noch vor den beiden Revierriva- len aus Dortmund und Gelsen- kirchen geschafft. Folgerichtig intonierten die blau-weißen Fans damals stolz und zurecht den Gesang: „Die Nummer 1 im Pott sind wir!“ Doch dann kam der Herbst – und die erste Runde des Wettbewerbs. Standard Lüttich hieß der Ver- ein, gegen den der VfL Bochum antreten musste. Und obwohl das Team des VfL die Belgier zu Hause bei sich im „Stade Maurice Dufrasne“ dominierte, gelang den Männern von der Castroper Stra- ße in Lüttich kein Tor. 0:0 endete die Partie. Die Ausgangslage vor dem Rückspiel war gut, aber nicht optimal. Denn damals galt noch die Auswärtstorregel. Ein Treffer in der Fremde wäre also äußerst komfortabel gewesen für die Bo- chumer. Frank Goosen erinnert sich Und dann kam der Abend im Ruhrstadion, der für alle VfL- Fans zeitlebens zu einem immer- währenden Trauma werden sollte. 1:0 führten die Bochumer lange durch einen Treffer von Marcel Maltritz. Doch die belgischen Fans und ihre Gesänge wurden damals von Minute zu Minute immer lauter. Während die VfL- Anhänger den Schlusspfiff her- beisehnten und merklich ruhiger wurden, stimmten die Belgier einen rhythmischen Gesang an, der zur sirenenhaften Unterma- lung dieses tragischen Erlebnisses wurde. Der Autor Frank Goosen hat in seinem Buch „Weil Samstag ist“ wie kein zweiter die Emotionen dieses Augenblicks eingefangen: an einem belgischen Fuß und kurz darauf im völlig falschen Tor. Eine weitere Minute später ertönt der Abpfiff. Wir sind un- geschlagen aus dem UEFA-Pokal ausgeschieden.“ Noch in der Nacht nach dem Spiel schaut sich der damalige VfL-Trainer Pe- ter Neururer die Partie gegen die Belgier zweimal in voller Länge an. Einfach, weil er nicht begrei- fen konnte, was da gerade vor seinen eigenen Augen passiert war. Frank Goosen hat den tragi- schen Moment anders verarbei- tet. Im Buch schrieb er abschlie- ßend diese Sätze: „Das wäre in den Siebzigern nie passiert! Her- mann Gerland hätte diesen Ball gegessen! Und im gegnerischen Tor wieder ausgeschissen!“ rev Weiße noch? Fotos: DPA (2) VFL Bochum
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