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21 Wie ist das heute, wenn Sie auf die Straße gehen? Sie müssen mehrmals am Tag Ihren Hund ausführen. Manchmal fühle ich mich wie ein Reh, das gejagt wird. Sowie ich aus dem Haus bin, bin ich Freiwild. Was vie- len nicht klar ist: Ich bin sehr scheu. Ich nehme es nur ernst und gebe mir Mühe, wenn ich öffentlich auftrete. 1997 wurde ich nach Hongkong ein- geladen. Ich habe da sieben Shows gemacht – eine Galashow vor chine- sischen Ministern und sechs Trend- shows. Da standen 1000 Journalisten und Fotografen vor mir. Aber es geilt mich nicht auf. Es gibt auch Tage, an denen keiner es wagen darf, ein Foto von mir zu machen. Wie begegnen Ihnen die Menschen? Sie kommen auf mich zu und sagen: Mensch, Harald! Sie rufen mir aus dem Auto zu. Viele wollen ein Selfie mit mir machen. Egal, ob das jetzt die Jungs vom Müll sind, ältere Frauen, junge Türken oder wer auch immer. Manchmal bin ich aber auch einfach müde, vor allem wenn ich bis in die Nacht gearbeitet habe. Da frage ich mich schon mal: Braucht’s das jetzt? Muss man meinen Hund dabei ab- lichten, wie er sein Geschäft erledigt? Aber ich möchte mich nicht beschwe- ren, das ist nun einmal der Preis des Ruhms. Man spricht auch von Markenbekanntheit. Ich finde das Wort „Star“ auch schwie- rig. Aber es gibt ja auch kaum noch echte Persönlichkeiten. Grace Jones, Elizabeth Taylor, Gina Lollobrigida, Sophia Loren: Da hat schon seinen Grund, dass die Leute von diesen Menschen fasziniert sind. Bei mir ist es dieser Michael-Jackson-Effekt: Alle kennen mich, aber eigentlich nicht persönlich. Auch die meisten deutschen Prominenten kennen mich nicht persönlich, weil ich ja nicht überall hinrenne. Aber ich habe eine besondere Gabe: Wenn ich ankomme, dann kommt Hollywood an. Wenn ich schon irgendwo auftauche, dann biete ich den Menschen das, was sie wollen. Was wollen die Menschen? Die wollen einen Star sehen. Den bekommen sie. Und mit den Folgen muss man auch leben können. Wenn man einmal bei anderen Künstlern auf Instagram schaut, dann sind da auch nicht nur Komplimente und Nettigkei- ten in den Kommentaren. Die einen schreiben Hurra, die anderen finden alles furchtbar. Davon darf man sich nicht verunsichern lassen. Kann man Glamour lernen? Ich glaube nicht. Es gibt Reinemache- frauen, die glamourös sind. Ich kann- te mal eine Reinemachefrau mit einer Perlenkette, die hatte mehr Glamour als viele Stars. Harald Glööckler in seiner Berliner Wohnung. Selbst- gemalte Bilder schmücken überall die Wände. Fotos: Sergej Glanze / FUNKE Foto Services

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