Berliner Morgenpost | Digitales Themenheft | Berliner Originale

22 BERLINER ORIGINALE Sie haben sieben Jahre in Kirchheim an der Weinstraße gelebt und sind erst vergangenes Jahr nach Berlin zurück- gekehrt. Wo liegen die Unterschiede? Wenn Sie in Süddeutschland sind, dann sagt die Bäckersfrau: „Grüß Gott! Heute ist ein schöner Tag. Wie kann ich Ihnen helfen? Ah, Sie möch- ten ein Brötchen! Und was möchten Sie noch?“ In Berlin wird man nur scharf gefragt: „Wat willste? Watn fürn Brötchen? Ne Schrippe? Noch wat?“ Das ist einfach ein anderer Ton. Es ist ein bisschen rauer hier. Aber ich mag Berlin, ich mag auch die Berliner und komme gut mit ihnen klar. Man muss die Stadt zu nehmen wissen. Ich zähle in Berlin zum Kulturgut, ein bisschen wie Juhnke oder Pfitzmann. Ich liebe Berlin, ich habe kein Prob- lem damit. In Süddeutschland gibt es die Kehrwoche, da wird auf der Stra- ße gekehrt, manchmal sogar auch ge- saugt. Da ist es anders. Wobei es hier in Mitte sehr schön und sehr sauber ist. Sie kennen Berlin also auch anders? Weil ich sehr kurzfristig wieder her- gezogen bin, habe ich vorübergehend auch an der Bernauer Straße gewohnt. Da ist es ein bisschen schwieriger. Da sind beim Spazierengehen jedes Mal wenigstens vier Ratten vor mir herge- rannt. Einmal saß ein besonders fettes Exemplar morgens vor meiner Haus- tür. Es gibt in Berlin schon so ein paar Gegenden, in denen ich nachts nicht mehr mit dem Hund rausgehen wür- de. Er weicht Ihnen nicht von der Seite. Billy King wird im Mai 14 Jahre alt. Er ist ein Papillon, ein Zwergspaniel. Er ist immer noch sehr fit. Wir beide al- tern nicht, das ist bei uns nicht üblich. Die Papillons waren die Lieblingshun- de der französischen Könige. Die sind wirklich süß. Die riechen nicht und haben keine Unterwolle, sie sind sehr intelligent und ganz lieb. Aber sie kön- nen nicht allein sein, gar nicht. Billy King war in seinem Leben auch noch keine fünf Minuten allein. Er schläft bei Ihnen im Bett? Natürlich. Das tun die kleinen Hunde alle irgendwann. Aber er ist so sauber wie eine Katze. Er muss bestimmt drei- bis viermal im Jahr Antibiotika nehmen und hat Probleme mit den Zähnen. Aber wir haben das alles im- mer gut hinbekommen. Er bekommt jeden Monat zwei Spritzen: eine Vi- taminspritze, wie sie alte Leute auch kriegen. Und eine, die gibt es für uns leider nicht: Librela, das ist gegen Osteoporose und Schmerzen. Selbst Hunde, die kaum noch laufen kön- nen, springen dann wieder. Die gibt es leider nicht für Menschen, aber ich hab den Tierarzt schon gefragt, ob er die mir nicht trotzdem mal verpassen kann. Haben Sie Probleme mit dem Älterwerden? Nein. Ich will 100 bis 120 Jahre alt werden. Aber auch mit 90 stelle ich mir alles ganz wunderbar vor. Man kann noch exzentrischer werden. Die Leute sagen: Im Alter wird man krank. Ich sage: Man kann auch ge- sund bleiben. In meiner Familie gibt es einige Menschen, die 95 Jahre alt ge- worden sind, 98 oder 99. Dann wurde es ihnen schwindlig, sie fielen um und waren zwei Stunden später tot. Leben Sie gesund? Ich denke schon. Ich achte auf meine Ernährung, ich trinke Alkohol nur in Maßen. Dafür, dass ich aus einer Ehe von zwei Alkoholikern komme, habe ich die Kurve gut gekriegt. Mich ha- ben auch andere Drogen nie interes- siert. Ich bin sehr neugierig, aber dar- auf komischerweise gar nicht. Gibt es Dinge, die Sie mit den Jahren gelernt haben? Ich habe vieles gelernt. Dass man nicht allen gefallen muss zum Beispiel. Dass man sich selbst gefallen muss. Darauf muss man erst kommen. Und ich habe gelernt und mir irgendwann gestattet, dass auch ich nicht alle mögen muss. Man kann höflich sein und freundlich, aber man muss nicht alle mögen. Wenn Sie irgendwann auf Ihr Leben zurückblicken, was möchten Sie dann von sich sagen können? Dass ich nett war zu anderen Men- schen. Dass ich anderen Menschen schöne Momente beschert habe, so viele wie möglich. Nur das ist am Ende wichtig. Natürlich auch, dass ich mich selbst weiterentwickelt habe. Wir sind geistige Wesen, die körper- liche Erfahrungen machen. Und des- halb möchte ich diese körperlichen Erfahrungen auch machen. Wenn ich Lust habe, mich operieren zu lassen, dann mache ich das auch. Häuser re- noviert man ja auch. Man sollte sehr an sich arbeiten und schauen, dass man am Ende auch sagen kann: Das habe ich gut gemacht. Harald Glööckler - über das Leben nach dem Tod Haben Sie Angst vor dem Tod? Nein. Ich habe mich viel damit be- schäftigt. Der Tod ist unser bester Freund. Man schaut hin und wieder über seine Schulter, dann sagt er: Es ist noch nicht so weit, ich hole dich noch nicht. Und dann ist alles gut. Ich bin aus der Kirche ausgetreten, aber ich bin ein sehr gläubiger Mensch.

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