30 KOMMUNALWAHL Von Martin Weiske Am 14. September wird in Hagen ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Ein Job, der sicherlich seine Reize hat, aber keineswegs Verlockung pur bedeutet. Zumal: Viele Verwaltungschefs quer durch die Republik ächzen unter der Belastung des Jobs, sehen sich permanenten Anfeindungen ausgesetzt und ziehen sich zum Teil aus Selbstschutz frühzeitig aus dem Job zurück. Denn immer häufiger wird das Oberbürgermeisteramt mit Begriffen wie Gewalt, Verrohung der Sprache, Burn-out, Überforderung und Frustration in Verbindung gebracht. In Zeiten der Krisen und der wirtschaftlichen Stagnation fokussieren Menschen zunehmend ihren Ärger auf Hauptverantwortliche, zumal diese Vergiftung des Klimas gerne noch von den politischen Rändern verbal suggeriert wird. Da wird dann schnell auch ein OB aufgrund seiner exponierten Position zur Kristallisationsfigur für Wut und Verärgerung. Erfahrungen, die Erik O. Schulz ebenfalls schon machen musste. Dennoch übt der nach elf Jahren aus dem Amt scheidende Hagener Verwaltungschef den Job mit Leidenschaft aus. Dabei ist der 60-Jährige während seiner von Krisen geprägten Amtszeit selbst von körperlichen Attacken nicht verschont geblieben. Attacke von „Latten Sven“ Es war im Dezember 2016, als auf der Teppichetage des Hagener Rathauses in den Nachmittagsstunden plötzlich ein junger Mann auftauchte. Der für seinen Hang zur Gewalt bei der Polizei bereits einschlägig Bekannte wird als „Latten Sven“ in die Annalen der Hagener Stadtverwaltung eingehen. Dabei handelt es sich bei der Titulierung eher um eine unzulässige Verniedlichung, denn der 28-Jährige rauschte an der OB-Assistentin grußlos vorbei direkt in das Büro von Erik O. Schulz. In seinen Händen trug er ein massives 10x10-Zentimeter-Kantholz von 1,40 Metern Länge. Zuvor hatte der 28-Jährige im Foyer am Empfang mit einem höflichen Gruß sich an einer Pforten-Mitarbeiterin vorbeigemogelt und versichert, dass er den Weg in das Schulz-Büro ohne Abholservice finden würde. Und da zu jener Zeit unter dem Dach des politischen Hauses noch keine Klingel und Videoüberwachung für Sicherheit sorgten, konnte der ungebetene Gast gleich zum Verwaltungschef, der sich gerade in einem Mitarbeitergespräch befand, durchstürmen. Heute erinnert sich Schulz nur noch schemenhaft an den Auftritt jenes Mannes, der zunächst keinen Zweifel ließ, dass er ihm nach dem Leben trachte: „Ich war als Nahkämpfer in Afghanistan“, behauptete dieser. „Ich habe dort so viele Menschen umgelegt, dass es auf einen mehr oder weniger jetzt auch nicht mehr ankommt. Wer will der erste sein?“, fragte er in der Schulz’schen Erinnerung in den Raum. „Es ist schon beklemmend, wenn man mit solch einem Menschen im Raum sitzt und nicht mehr Herr seiner Beweglichkeit ist.“ Erik O. Schulz Oberbürgermeister Der OB bot ihm einen Kaffee an, machte Gesprächsangebote, erkundigte sich nach seinem Problem mit der Hagener Stadtverwaltung oder ihm persönlich. Vergebens. „Wenn jetzt hier Wenn „Latten Sven“ das Oberbürgermeister-Büro stürmt Nach elf Jahren gibt Oberbürgermeister Erik O. Schulz sein Amt auf. Im Gespräch blickt er auf eine veränderte Umgangskultur zurück
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