33 KOMMUNALWAHL gen. Argument, Rede, Gegenrede – wenn das nicht mehr funktioniert, dann macht es manchmal einfach keinen Sinn“, stellt er fest, dass mit Corona die Sitten sich noch einmal erheblich zum Negativen verändert haben. „Selbst beim kontroversen Gespräch in der Kneipe, selbst wenn die Leute schon ein paar Bier getrunken haben, gibt es eine andere Form des Anstandes und der Kultur des Ausredens und des Zuhörens. Diese ganz normalen Regeln des Austausches gelten leider nicht mehr im Netz. Und das ist definitiv kein Thema der Bildung und des Intellekts.“ Relativierend will der Oberbürgermeister den Fokus auf andere Momente, auf die positiven Erfahrungen richten: „Selbst zu so komplizierten Themen wie Flüchtlingsunterkünften gibt es in dieser Stadt Informationsveranstaltungen, zu denen 100 Leute kommen und trotz aller Sorgen, Unzufriedenheit und Ängste sich kultiviert austauschen. In meinen Augen gibt es durchaus noch eine überwiegende Zahl an Menschen, die gerne diskutieren und Argumente ins Feld führen. Dieser normale Diskurs findet allerdings oft nicht mehr die notwendige Aufmerksamkeit.“ Man müsse zudem aufpassen, dass man nicht in einen Fatalismus verfalle: „Ich habe in den Jahren als OB viel mehr inspirierende, bereichernde, anregende und mich nachdenklich machende Gespräche gehabt. Und oft habe ich gedacht: Schön, dass diesen Menschen das Thema nicht egal ist.“ Stark nur im Team Natürlich war Erik O. Schulz von der Belastung des Jobs und der Taktung eines OB-Tages nicht überrascht, als er 2014 erstmals die Amtskette um den Hals drapiert bekam: „Ich war mir nicht im Unklaren darüber, dass das mein Leben erheblich verändern wird. Das ist anstrengend, oft auch sehr herausfordernd und geht an Belastungsgrenzen. Das weiß man abstrakt vorher. Ich sage oft im Spaß, das ist wie heiraten: Da weiß man im Kern auch, was einen erwartet, und man will es auch und entscheidet sich bewusst dafür, aber man kann nicht jede Situation vorhersehen, die einen im Laufe des Lebens ereilt.“ Er sei früher zu Beginn der Ferien nicht so müde wie in den OB-Jahren gewesen: „Das liegt natürlich an der Menge der Stunden, der Wochen und der Termine. Ich würde aber immer sagen: Ja, anstrengend – aber oft auch schön anstrengend. Da hilft oft der Zusammenhalt in einer Führungsmannschaft. Für diese Unterstützung der vielen Menschen im Hause bin ich sehr dankbar.“ Zugleich räumt er ein, dass es sich bei der Rolle des Verwaltungschefs um eine sehr spezielle Aufgabe handele, bei der man im Alter in der Rückschau sicherlich auch die Dinge ein wenig verklärt und mit Fokus auf das Positive betrachte. Die Tatsache, dass man als Oberbürgermeister auf kommunaler Ebene reichlich Themen umsetzen und verwalten muss, die Wenn es nach Erik O. Schulz gegangen wäre, hätte seine damalige Partei ihn bereits für die Kommunalwahl 2009 als Spitzenkandidaten nominiert. Doch die SPD entschied sich damals noch für den Hasper Jochen Weber (rechts). MICHAEL KLEINRENSING „Ich war mir nicht im Unklaren darüber, dass das mein Leben erheblich verändern wird. Das ist anstrengend, oft auch sehr herausfordernd und geht an Belastungsgrenzen.“ Erik O. Schulz Oberbürgermeister in Hagen
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