ERLFOGSWEGE | Unternehmerinnen aus Thüringen

120 „Man braucht Durchhaltevermögen“ Seit 1. Mai 2025 leitet Kuratorin, Kunst- und Kulturwissenschaftlerin Prof. Dr. Elke Anna Werner als Direktorin die Erfurter Kunstmuseen. Ein Gespräch über Frauen in wissenschaftlichen und kulturellen Führungspositionen. Ihr Ziel ist, die Digitalisierung in den vier Erfurter Häusern voranzutreiben. Wie stehen diese im Vergleich zu anderen städtischen Kunstmuseen in Deutschland da? In vielen anderen Museen und Kunstinstitutionen hat sich in den letzten Jahren die Einsicht durchgesetzt, dass digitale Einblicke in die Sammlungen und ein attraktives digitales Vermittlungsangebot die Besuchszahlen nicht senkt, sondern steigert. Allen voran das Frankfurter Städel hat auf beeindruckende Weise gezeigt, wie ein traditionsreiches Haus mit digitaler Erschließung und Vermittlung seiner Sammlungen ein viel breiteres und auch diverseres Publikum erreicht. Viele Häuser sind diesem Beispiel inzwischen gefolgt und haben entsprechende Abteilungen aufgebaut. Die Erfurter Kunstmuseen haben da großen Nachholbedarf. Wir sind jedoch schon dabei, die Voraussetzungen in der Infrastruktur dafür zu schaffen – und haben zudem den Vorteil, von den Erfahrungen anderer Museen profitieren zu können. 2023 lag der Anteil an Professorinnen laut Statistischen Bundesamt in Deutschland bei 29 Prozent – bisher ein Rekord. Wie werden Frauen in der Wissenschaft wahrgenommen? So positiv diese Entwicklung im akademischen Bereich, aber auch der Museumswelt im Hinblick auf eine größere Diversität in der Führungskultur ist: Je nach Konstellation und Situation nehme ich den Umgang mit Frauen als Direktorinnen oder Professorinnen oft noch keineswegs als üblich und verlässlich etabliert wahr. Da befinden wir uns in einem Prozess, bei dem sich alle aus der „Komfortzone“, aus dem Vertrauten herausbewegen und offen für Anderes sein müssen. Bei den Studierenden ist das übrigens das geringste Problem, weil diese ja in den geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächern bis zu 90 Prozent weiblich sind und weibliche Rollenvorbilder sehr positiv wahrnehmen. Was schreckt junge Frauen von einer wissenschaftlichen Karriere ab und welche konkreten Anreize könnten dem entgegenwirken? Der Weg bis zu einer Leitungsposition in der Wissenschaft oder in einer Kulturinstitution ist oft lang und mit vielen Unsicherheiten verbunden. Meist muss man durch eine Phase mit befristeten Verträgen hindurch und auch zu Ortswechseln bereit sein. Sich in einem, auf der Leitungsebene wie eben beschrieben oft noch männlich geprägten Umfeld durchzusetzen, stellt eine zusätzliche Herausforderung dar – dies alles in einer Phase, in der auch Familienplanung und Kinder ein Thema sein können, das Frauen immer noch stärker bindet als Männer. Das ist weithin bekannt. An den Universitäten und im Forschungsbereich haben vor allem Forschungsförderer wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft in den letzten zwei Jahrzehnten Instrumente entwickelt, die weibliche Karrieren sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen. Das reicht von Kinderbetreuung über Mentoring- und Coaching-Angebote bis zur Berücksichtigung der Vielfalt weiblicher Karrierewege. Ich persönlich habe davon sehr profitiert und kann eine solche Form der Förderung nur empfehlen, auch für die Museen und anderer Kulturinstitutionen. Welchen Tipp geben Sie jungen Akademikerinnen? Man braucht Durchhaltevermögen im Sinne von Resilienz. Dafür hilft es, wenn man seine eigenen Stärken und Schwächen kennt. Coaching kann dabei sehr nützlich sein. Netzwerken ist ebenfalls wichtig. Allerdings könnten wir als Frauen – und da beziehe ich auch die erfahrenen und erfolgreichen Kolleginnen mit ein – hier noch ein gutes Stück vorankommen, was einen offenen und sich unterstützenden Erfahrungsaustausch betrifft. Es lohnt sich aber unbedingt, weil es nicht nur eine große Freude ist als Frau in leitender Position gestalten zu können, sondern zugleich auch gesellschaftlich wichtig. Interview: Lutz Granert Foto: Johannes Doppler

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