Schwengelpumpen konnten später die Funktion von Ziehbrunnen übernehmen Aus Brunnen mit Schwenkarmen konnten die Menschen Wasser mit einem Trog herausheben. Um auf Wasser zu stoßen, mussten Ziehbrunnen tief und senkrecht in die Erde gegraben werden 83 Fotos: Alamy (2), dpa (4), Adobe Stock (2), Flora Press, Gap eine andere Bedeutung: Meist zentral auf dem Marktplatz gelegen, wurde aus ihm ein beliebter Umschlagplatz für Klatsch und Tratsch. Hier trafen sich die Wäscherinnen, um neben sauberer Wäsche auch allerlei Neuigkeiten mit nach Hause zu nehmen. Gleichzeitig wuchs seine repräsentative Bedeutung. Als Sinnbild einer florierenden Gemeinde stattete man ihn im Verlauf des Spätmittelalters, mehr noch in der Renaissance, mit immer mehr dekorativen Details aus. Aus dem vormals schmucklosen Brunnenstock wurde die verzierte Brunnensäule, aus dem steinernen Trog ein mit Stadtwappen, Sinnsprüchen und Ornamenten verziertes Steinbassin. Monumentale Baukunst Vor allem in Italien entstanden bildhauerische Kunstwerke, die beispielhaft für die „Wasserkunst“ des gesamten europäischen Raums wurden. Besonders die schon erwähnte „Fontana di Trevi“ wurde als einer der Endpunkte der antiken Wasserleitung zum spektakulären Brunnenbauwerk. So gilt der römische Monumentalbrunnen mit theaterkulissenhaften Ausgestaltung als beispielhaft für die barocke Brunnenarchitektur. Antike Brunnen wie dieser erfreuen sich auch heute noch großer Beliebtheit. In Gartenanlagen findet man sie oft als Zierbrunnen vor, ähnlich wie wasserspeiende Löwenköpfe an solchen Wandbrunnen Der Brunnen und seine Sprichwörter Zahlreiche Sprüche, Weisheiten und Aphorismen ranken um den Brunnen: „Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht“, sagt man, wenn man eine negativ belastete Beziehung beendet. „Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist“, bedeutet: wenn das Unglück bereits geschehen ist. „Glück und Unglück sind zwei Eimer im Galgenbrunnen“, meint, dass sich die beiden Zustände die Waage halten. Als „Brunnenvergifter“ bezeichnet man jemanden, der die Position eines anderen unterläuft oder diskreditiert. Der Vorwurf der Brunnenvergiftung ist im Übrigen ein antisemitisches Stereotyp: Im Mittelalter glaubte man, dass die Juden durch Verunreinigung das Brunnenwasser vergiften. Dies war der Vorwand für Verfolgung und Ausgrenzung. In Wirklichkeit war das Wasser häufig durch Fäulnisbakterien stark verunreinigt. Aufwendige Wasserspiele in künstlich angelegten Felsgrotten, antikisierende Nymphäen und Springbrunnen machten aus den akribisch konzipierten Gartenlandschaften Vergnügungsparks mit Überraschungseffekt. Mit der industriellen Revolution und der immer häufiger werdenden Zuleitung von Wasser in private Haushalte wurden die Nutzbrunnen überflüssig. Dennoch sind modern konzipierte Zierbrunnen auch heute noch ein wichtiges und reizvolles Element der Stadt- und Dorfgestaltung. Elisabeth Aslan
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